Microsoft-Boss Ballmer: „Wir sind dabei“

Das Staples Center in Los Angeles ist eine der modernsten Multifunktionsarenen der USA. Mehr noch – es ist die einzige Arena des Landes, das als Heimstätte von gleich fünf Mannschaften dient: Drei Basketball-, ein Eishockey- und ein Football-Team tragen hier für gewöhnlich ihre Heimspiele aus. Sportlich ging’s am gestrigen Montag nicht zu, aber dynamisch: Der bullige Microsoft-Boss Steve Ballmer gab höchstpersönlich den Einpeitscher für die diesjährige Partnerkonferenz, das wichtigste und größte Event für den weltgrößten Software-Konzern.

„We’re in“ – so lautet gleich mehrfach Ballmers Botschaft an die 15.000 Zuschauer im Staples Center – „Wir sind dabei“. Auf gut Deutsch und gerichtet an alle, die bereits den Abgesang auf die Windows-Company angestimmt haben: Microsoft noch längst nicht abgemeldet, sondern mischt noch mit im Geschäft – und zwar an vorderster Front in der IT-Industrie.

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Der Microsoft-Chef vor 15.000 Partnern in Los Angeles (Quelle: WinFuture)

Um für gute Laune bei seinen Partnern zu sorgen, wirft Ballmer, der im gewohnt legeren Outfit im Zentrum der ovalen Sportarena umher schlurft, erst mal ein paar Zahlen in den virtuellen Ring: In den ersten drei Quartalen des Ende Juni abgelaufenen Geschäftsjahres (die Zahlen fürs Gesamtjahr kommen am 21. Juli) sei das Microsoft-Geschäft mit Windows-, Office- und Server-Software jeweils mit deutlich zweistelligen Prozentsätzen gewachsen. Seit dem Start im Juni des vergangenen Jahres habe Microsoft 100 Millionen Lizenzen des Büropakets Office 2010 unters Volk bringen können. Von dem im Oktober 2009 gestarteten Windows 7 haben die Redmonder inzwischen gar 400 Millionen Kopien abgesetzt – damit habe sich Windows 7 drei Mal so schnell verkauft wie der letzte erfolgreiche Vorläufer Windows XP.

So weit, so wenig überraschend – schließlich betrifft all dies das Stammgeschäft von Microsoft. Immerhin beweist es einmal mehr, dass die traditionellen Gewinnquellen der Amerikaner weiterhin sprudeln und noch ein gutes Stück weit vom Versiegen entfernt sind. Doch auch die Aussichten in den neuen Geschäftszweigen versucht der Microsoft-Chef in gewohnt optimistischer Manier zu präsentieren. Beispiel die lange Zeit weit abgeschlagene Suchmaschine Bing: Durch die Übernahme der Yahoo-Suchanfragen habe man in den USA den Marktanteil von zehn auf 30 Prozent gesteigert – „und das innerhalb eines Jahres“ , so Ballmer. „Sie meinen, der Markt ist bereits vergeben, weil es einen unangefochtenen Marktführer gebe?“ Mitnichten, vielmehr wandele sich das Internet in den Augen des Microsoft-Chefs aktuell schneller als je zuvor.

Dass darin Potenzial für eine weitere Aufholjagd liegt, unterstreicht er mit Verweis auf das Computerspielegeschäft. „Früher hieß es immer, Microsoft habe keine Chance gegen die Playstation von Sony“, so Ballmer. Doch in diesem Jahr habe die Xbox erstmals Rang eins erobert – zumindest in den USA. Im nächsten Schritt will Microsoft nun die Suchmaschine Bing in die Spielkonsole Xbox integrieren. Gleichzeitig sollen Nutzer demnächst Musik- und Fernsehinhalte über die Daddelmaschine abrufen können. Der Clou: „Die Fernbedienung ist dafür zu komplex – wir steuern das Fernsehen mit Sprache“, erläutert Ballmer.

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Bulliger Ballmer als Einpeitscher im Staples Center (Quelle: Sven Hansel)

Das wiederum soll Kinect erledigen, ein Zusatzmodul für die Xbox, das die Steuerung von Konsolenspielen mit Gesten und Bewegungen ermöglicht und zudem über Spracherkennung verfügt. Kinect hat übrigens bewiesen, dass Microsoft das Geschäft mit den Endkunden noch nicht völlig verlernt hat: Das im November 2010 auf den Markt gebrachte Gerät ging binnen vier Monaten 10 Millionen Mal über den Tresen – und wurde so das am schnellsten verkaufte Endkunden-Gadget überhaupt.

Derlei Erfolge kann der Microsoft-CEO freilich längst nicht in allen Segmenten vermelden, in denen sein Unternehmen hinterhinkt. Auf der letztjährigen Partnerkonferenz kündigte er lautstark den Startschuss zur Aufholjagd insbesondere im Smartphone- und Tablet-Geschäft an. „Seitdem haben wir uns von ’sehr klein‘ in Richtung ’sehr klein‘ entwickelt“, konstatiert Ballmer freimütig. Denn trotz des Ende 2010 veröffentlichten Handy-Neuentwurfs namens Windows Phone verliert Microsoft bei Smartphones weiter Marktanteile auf das iPhone von Apple und die Google-Handyplatt Android. „Der Markt ist hart und wir wissen, dass wir noch viel Arbeit vor uns haben“, so Ballmer. Eine Trendumkehr erhofft er sich nun von der im Herbst auf den Markt kommenden Neuauflage des Handy-Windows (Codename „Mango“) sowie der im Februar verkündeten Partnerschaft mit dem ebenfalls angeschlagenen Handy-Riesen Nokia.

Einen kleinen Hoffnungsschimmer gibt’s aber auch hier bereits: Erst Anfang Juli überquerte Microsoft die Marke von 25.000 Apps im Windows Phone 7 Marketplace – und das binnen acht Monaten seit dem Start. Damit sei die Wachstumsrate sogar „steiler bei Android und dem iPhone“, so Ballmer mit stolzgeschwellter Brust – und ergänzt einmal mehr: „Wir sind drin.“ Tatsächlich ein Ausdruck von Zuversicht oder doch eher Pfeifen im Walde? Das werden die nächsten Monate erweisen.

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